Der Zeitglockenturm - Zytglogge

Der Zytglogge war das erste Westtor der Stadt (1191 - 1256) und zählt heute zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Berns.

Wie kein zweites bernisches Bauwerk stand früher der Zeitglockenturm – oder der Zytglogge, wie man ihn seit altersher kurz nannte – im Mittelpunkt der Stadt Bern. 

Er war in jeder Beziehung das massgebende Gebäude Berns: seine Turmuhr war die Hauptuhr der Stadt, nach der sich alle andern zu richten hatten, längst bevor es eine Bahnzeit oder Radiozeit gab. Vom Zeitglockenturm aus wurden die Wegstunden gemessen, und auf ihn beziehen sich die Stundensteine an den Kantonsstrassen.

Foto © Jürg Reinhard

In seinem Tordurchgang sind die Längenmasse, früher Elle und Klafter, heute noch Meter und Doppelmeter, als Urmasse zur öffentlichen Kontrolle und als Vorbilder angebracht. 

Das Astrolabium

Bereits mit der ersten Uhr von 1405 entstand das Astrolabium über dem Tordurchgang. Es beruht auf dem Prinzip der stereographischen Projektion der Gestirne auf die Äquatorebene und stellt das ptolemäische Weltbild mit der Erde im Mittelpunkt dar.

Die Gestirne, wie Sonne, Mond und Sterne, kreisen um die Erde, so wie wir sie scheinbar wahrnehmen. Die Sterne sind symbolisch auf dem exzentrisch angeordneten Tierkreis mit den 12 Tierkreiszeichen abgebildet. Die goldene Hand mit der kleinen Sonne stellt den Stunden- und Sonnenzeiger dar; auf der gegenüberliegenden Seite zeigt ein Sternemblem mit einem nach innen gerichteten Strahl auf das Datum.

Die Sonne selbst durchläuft im Laufe eines Jahres die 12 Zeichen des Tierkreises. Den Mondzeiger bildet eine schwarzgoldene Kugel, die sich nebst dem Umlauf um den Tierkreis um ihre eigene Achse dreht und damit die jeweils herrschende Mondphase anzeigt.

In einer schmalen Maueröffnung über dem Astrolabium erscheint in altdeutscher Benennung der geltende Wochentag. Einen direkten Bezug zur Wochentaganzeige bilden die Fresken unmittelbar darüber. Sie stellen eine Folge von fünf Planetengöttern dar, die nach der alten Ordnung je einen Wochentag herrschten und diesem den Namen gaben. Die Götter sind der römischen Mythologie entlehnt und lassen sich leicht an ihren Attributen erkennen. Von links nach rechts sind dargestellt:

Saturn, Gott der Saat und der Ernte, mit gezackter Sichel und Keule. Er regiert am Samstag.

Jupiter, der höchste Himmelsgott mit Zackenblitz in der rechter Hand. Er regiert am Donnerstag.

Mars, Kriegsgott mit Schwert und Schild. Er regiert am Dienstag.

Venus, Göttin der Schönheit und der Liebe, zu ihren Füssen Cupido mit Pfeil und Bogen. Sie regiert am Freitag.

Merkur, Götterbote oder Gott des Handels und des Verkehrs, mit einem von zwei Schlangen umwundenen Heroldstab und dem Geldbeutel. Er regiert am Mittwoch.

Zur Folge der sieben Planeten gehörten auch die Sonne und der Mond. Sie sind auf dem Fresko deshalb nicht dargestellt, weil sie als Bestandteil des Astrolabiums dort schon vorhanden sind und ihre wirklichen Bewegungen am Himmel zeigen.

Das Figurenspiel

Jede Stunde, ca. 3 Minuten vor dem Stundenschlag kräht der Hahn und kündet den bevorstehenden Stundenwechsel an. Kurz darauf dreht der Bärenzug, der die Stadtwache darstellt, seine stündlichen Runden. Dazu schlägt der Narr, obwohl es noch zu früh ist, bereits die Stunde an seine beiden Glöcklein. Er nimmt sich die Narrenfreiheit, die Stunde zum voraus zu verkünden.

Foto © Bern Tourismus

Nachdem die Bären ihre Runden beendet haben, kräht der Hahn zum zweiten Mal. Sobald die Zeit der vollen Stunde gekommen ist, ertönen vom Turm herab die vier Schläge der Viertelstundenglocke - nun dreht Chronos, der Gott der Zeit, seine Sanduhr und hebt das Zepter zum Kommando des Stundenschlags. Genau im Takt des schwingenden Zepters schlägt Hans von Thann die grosse Stundenglocke. Um sicher zu sein, dass die Anzahl Schläge stimmt, hört Chronos aufmerksam zu und zählt mit. Dazu öffnet er mit jedem Schlag seinen Mund.

Kurze Zeit nachdem die Stundenglocke verstummt ist, kräht der Hahn zum dritten Mal und verkündet den Beginn einer neuen Stunde.

Führungen durch den Zeitglockenturm

Durchführung:   01.04. - 31.10. täglich
26.12. - 31.12. täglich
Beginn der Führung:   14.30 Uhr
Treffpunkt:   Zytglogge (Zeitglockenturm), Seite Kramgasse
Dauer:   50 Minuten
Preis:   Erwachsene  CHF 15.-
Kinder (6-16 Jahre)  CHF 7.50
AHV/Studenten CHF 10.-
SwissPass 50% CHF 7.50 / 3.75
Sprachen:   Deutsch / Englisch / Französisch
Bemerkungen:   Max. 20 Personen pro Gruppe

 

Die vorgängige Reservation wird aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl empfohlen:

Tel. +41 (0)31 328 12 12 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Private Führung
Die Führung ist jederzeit für private Gruppen oder Einzelpersonen (max. 20 Personen pro Stadtführer) buchbar. Verkauf und Beratung unter +41 (0)31 328 12 12 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Die Geschichte Berns ist die des Zeitglockenturms

Zum Schutz der Bevölkerung gegen den burgundischen Adel und zur Stärkung der Macht in seinem Herrschaftsgebiet gründete Herzog Berchtold V. von Zähringen 1191 auf einer erhöhten, sicheren Flusshalbinsel die Stadt Bern. Auf drei Seiten war die Stadt von Anfang an durch die Aare geschützt. Einzig gegen Westen war sie offen zugänglich.

Eine künstliche Befestigungsanlage mit Graben, Ringmauer und Ausfalltor war daher unumgänglich. Zwei markante seitliche Geländeeinschnitte auf der Höhe des heutigen Theater- und Kornhausplatzes eigneten sich dazu ausgezeichnet. Um ca. 1220 war die Anlage mit dem Wehrturm und Stadttor errichtet.

Foto © Jürg Reinhard

Im Verlaufe der ersten Jahrzehnte sind «gar vil lüten» in die Stadt gezogen, wie Conrad Justinger in seiner Chronik schreibt. Dies veranlasste die Obrigkeit, das Stadtgebiet zu erweitern und 1255 auf der Höhe des heutigen Käfigturms eine zweite Wehranlage zu bauen. Als rückwärtiger Wehrturm wurde das ursprüngliche Stadttor um etwa 7 m erhöht, damit die Sicht über die neu entstandenen Häuser frei wurde.

Das anhaltende Bevölkerungswachstum führte nach 1344 zu einer dritten Stadterweiterung bis zum damaligen Christoffelturm. Der alte Wehrturm stand plötzlich mitten in der Stadt und büsste seine Wehrfunktion endgültig ein – er wurde zur Kebie, dem Gefängnisturm.

Am 14. Mai 1405 geschah die grosse Katastrophe: Ein verheerendes Feuer, das in der untern Brunngasse ausbrach, verbreitete sich, genährt durch eine starke Bise, rasch stadtaufwärts und legte den grössten Teil der Stadt in Schutt und Asche. Die Trauer und Resignation dauerte nur kurze Zeit. Bern sah im Unglück die grosse Chance zum Neubeginn. Mit vereinten Kräften und der Hilfe umliegender Städte packten sie den Wiederaufbau an.

Eines der ersten Gebäude, das wieder errichtet wurde war erstaunlicherweise der Turm, der vorher als Gefängnis diente. Diesmal erhielt er allerdings eine neue Funktion: Er wurde zum zentralen Uhrturm. Bereits im Oktober 1405 war die dazu bestimmte Glocke gegossen. Sie sollte fortan, zusammen mit einem Uhr- und Schlagwerk, dem Turm den neuen Namen geben: Zytglogge.

Damit entstand an prominentester Stelle innerhalb des Stadtbildes ein Uhrturm, der den Leuten die neue Zeit verkünden sollte. Wie in andern Städten, verkörperte er auch in Bern kommunales Selbstbewusstsein und Macht.

Quelle: zeitglockenturm.ch